Zur Frage der Herzgruppen-(AHG)-Effizienz und auch ihrer Evidenz kann derzeit auch nach einer intensiven Recherche keine abschließende Antwort gegeben werden. Dies hat mehrere Gründe:
- Die Literatur zum Thema international ist schlecht vergleichbar, national dagegen ist sie spärlich.
- Untersuchungen gibt es nur zur Fitness und zu diversen Gesundheitsparametern – meist der kardiovaskulären Risikofaktoren (CVRF) oder zur Lebensqualität in Form von Fragebogenaktionen.
- Berichte über besondere Studienformen, wobei das Design einer RCT-Studie wünschenswert, aber eher selten ist. Prospektive Kohortenstudien oder die retrospektive Fall-Kontrollstudie mit unterschiedlichen Fallzahlen sind häufiger.
- Unterschiede in der Definition von Zielgruppen: Das deutsche Modell der ambulanten Herzgruppe europa- und weltweit ist nicht repräsentativ.
- Internationale Studien: Häufig Interventionsstudien, bei denen über einen definierten Zeitraum (meist wenige Wochen) spezielle Gruppen mit Blick auf Trainingseffekte und CVRF angeleitet und beobachtet werden. Diese Literatur kann mit der speziell deutschen Situation nicht oder nur sehr bedingt verglichen werden. Die Ergebnisse solcher Studien sind in der Regel auf hohem Signifikanzniveau positiv.
- Deutsche Studienlage: unübersichtlich;
RCT-Design wird praktisch nicht angewandt.
Studien zur Effizienz von Herzgruppen sind meist älteren Datums:
So wird die Buchwalski-Studie als Fallkontrollstudie meist als Beleg für vorhandene Effizienz in Herzgruppen herangezogen, obwohl sie bereits 2002 entstanden ist. Sie zeigte sehr gute Ergebnisse hinsichtlich Belastbarkeit, nicht aber hinsichtlich CVRF. Kritisch ist hier anzumerken, dass die Ergebnisse dieser Studie nie kontrolliert wurden und dass das Alter der Probanden (60 Jahre in der Studie) inzwischen nach der DGPR-Untersuchung aus 2013 (Haberecht) auf fast 70 Jahre angestiegen ist. - Kritik aktueller Publikationen:
- meist zusammenfassende Übersichten,
- Berichte über Interventionsstudien (INA und IRENA, SARAH) an definierten Gruppen meist mit dem Ziel einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Dies kann im Kontext der heutigen Herzgruppenstruktur kaum mehr Untersuchungsgegenstand sein.
- Bjarnason (2007) nimmt in einer Übersicht zur inzwischen veröffentlichten, so genannten SARAH-Studie (2007; 2011) Stellung und kommt zu dem Schluss, dass hier positive Hinweise auf Effektivität und Lebensqualität erkennbar sind. Leider handelt es sich bei den untersuchten Patienten wiederum nicht um Teilnehmer aus ambulanten Herzgruppen. Es handelt sich zunächst auch nur um eine Kostenanalyse und um eine Analyse der Lebensqualität. Angaben über den Gesundheitszustand der Probanden werden hier nicht vermittelt.
- Zwei wichtige neuere Dissertationen aus 2015 geben zur Fragestellung der AHG-Effizienz dennoch wesentliche Aufschlüsse:
- Dissertation Parzanka (2015): „Die Wirksamkeit kardialer Rehabilitation in Deutschland: Systematische Literaturübersicht mit integrierten Metaanalysen„
Die Arbeit weist in einer große angelegten Metaanalyse nach, dass es in Deutschland RCT-Studien nicht gibt und dass daher die Aussagefähigkeit eigentlich aller vorhandenen Studien begrenzt ist. Auch stellt die Autorin fest: „Nach guten Anfangseffekten (Prä-Post- Vergleich) zeigen sich -vor allem gemessen an den internationalen Referenzwerten- positive Effekte moderater Größenordnung in den ersten sechs Monaten. Langfristig können diese aber nicht aufrechterhalten werden, so dass eine fehlende Nachhaltigkeit der Versorgung kardialer Rehabilitanden diskutiert werden muss. Inhaltliche und nachgewiesene statistische Heterogenität beschränken die Aussagekraft der Ergebnisse; letztere wurde in keinem der Fälle zufriedenstellend aufgeklärt.“ - Dissertation Baumgärtner (2015): „Langzeiteffekt ambulanter Herzgruppentherapie auf körperliche Belastbarkeit und kardiovaskuläres Risikoprofil“ als retrospektive Kohortenstudie – Fall-Kontrollstudie.
Die aufwändige Arbeit schließt mit der Erkenntnis, dass eine körperliche und gesundheitliche Effizienz bei Herzgruppen der etablierten Form nicht gegeben ist.
Die Autorin stellt fest, dass die derzeitige Trainingspraxis in den ambulanten Herzgruppen bei weitem nicht ausreicht und stellt die Frage nach Alternativen wie z.B. HIIT.
„Die Forderung nach weiteren Studien, insbesondere prospektiven randomisierten und kontrollierten Studien mit gutem Design, bleibt in jedem Fall bestehen (Bjarnason-Wehrens et al. 2006). Solange es keinen klaren Effektivitätsnachweis gibt, kann das ‚Vorenthalten‘ des Herzsports für eine Kontrollgruppe rechtlich und ethisch gesehen nicht verwerflich sein.“
- Dissertation Parzanka (2015): „Die Wirksamkeit kardialer Rehabilitation in Deutschland: Systematische Literaturübersicht mit integrierten Metaanalysen„
Präsentation